Souveränität

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Souveränität steht in diesem Zusammenhang für die staatliche Souveränität. Unter einem souveränen Staat versteht das Völkerrecht allgemeinhin einen unabhängigen und selbstbestimmten Staat.[1]
Dem gegenüber steht der "suzeränitäre Staat", oder ein teilsouveränes Territorium, etwa ein Protektorat. Als Musterbeispiele des "suzeränitären Staates" gelten dabei die Länder des ehemaligen Ostblocks, die zwar formell unabhängig waren, aber de-facto unter der Hoheit der UdSSR standen.[2]

Im Staatsrecht wird der souveräne Staat durch die Kontrolle seiner Belange nach innen definiert.[3]
Der Begriff wird von Reichsideologen oft im Zusammenhang mit der Behauptung verwendet, dass Deutschland als Staat seit dem II. Weltkrieg unter der Herrschaft der Alliierten stehe und deshalb angeblich nicht souverän sei.

In Wirklichkeit stammt der Gedanke der Souveränität aus der Mitte des 18.Jahrhunderts und ist nicht geeignet, die rechtlichen und staatspolitischen Beziehungen der Völker in einer globalisierten Welt zu definieren (s.u. Schäuble-Rede).

Reichsideologische Bedeutung

Das Leugnen der Souveränität des gegenwärtigen deutschen Staates ist eine Taktik, die auf der undifferenzierten Verwendung des Begriffes Souveränität besteht. Wie bereits dargelegt ist zwischen der völkerrechtlichen (nach außen) und der staatsrechtlichen Souveränität (nach innen) zu unterscheiden. Worauf es den Reichsideologen vor allem ankommt, ist die Souveränität nach innen in Frage zu stellen, da nur so ihre Probleme mit den Vollzugsorganen (im Zusammenhang mit Strafen, Bußgeldern und Steuern scheinbar) gelöst werden könnten. So wird von Reichsideologen unter anderem behauptet, dass das Grundgesetz keine Verfassung sei, dass in Deutschland immer noch Besatzungsrecht gelte oder dass der deutsche Staat in Wirklichkeit eine Firma, die BRD-GmbH, sei und dass aus verschiedenen Gründen deutsche Gesetze keine Geltung hätten.

All diese Theorien erweisen sich jedoch als wirkungslos, da deutsche Justiz und Exekutive sich offensichtlich immer wieder erfolgreich durchsetzen können. Eine andere Qualität hat dagegen die Behauptung der fehlenden Souveränität nach außen. Zwar werden auch hier unhaltbare Legenden aufgetischt, unleugbar ist aber die absolute Souveränität, wie man sie noch im 18. und 19. Jahrhundert verstanden hat, nicht mehr in gleichem Maße vorhanden. Dies liegt zum einen an den freiwillig delegierten Hoheitsrechten innerhalb der Europäischen Gemeinschaft und durch internationale Verträge, zum anderen aber an der unvermeidlichen Globalisierung der Wirtschaft und der Finanzen. Hier wird auch von anderen Meinungsgruppen als den Reichsideologen ein Souveränitätsdefizit empfunden. Dies bestärkt nun wieder die deutschen Reichsideologen in ihrer nach innen gekehrten Sicht, obwohl das Phänomen der systemisch schwindenden Staatssouveränität alle führenden Wirtschaftsnationen gleichmäßig betrifft und jedenfalls nicht die Handlungsfähigkeit im eigenen Lande berührt.

Kanzlerakte

Eine topisch immer wieder auftauchende "Beweisführung" für die angeblich fehlende Souveränität Deutschlands im Verhältnis mit den früheren Alliierten ist die angebliche Existenz der sogenannten Kanzlerakte.

Hauptartikel: Kanzlerakte

Nach Ansicht einiger Verschwörungstheoretiker existiere ein "Geheimbefehl" der Alliierten oder ein "geheimer Staatsvertrag" mit ihnen, der jeden Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland dazu verpflichte, vor Amtsantritt nach Washington zu reisen, um dort die Medienhoheit und andere Rechte der Alliierten zu bestätigen.

Auf eine entsprechende Anfrage der politischen Kommunikationsplattform "Direkt zur Kanzlerin" antwortete Bundeskanzlerin Merkel am 19. November 2007:

Sehr geehrter Herr (...), vielen Dank für Ihre Anfrage, die wir im Auftrag der Bundeskanzlerin beantworten.

Der "geheime Staatsvertrag", den Sie erwähnen, ist dem Reich der Legenden zuzuordnen. Diesen Staatsvertrag gibt es nicht. Und die Bundeskanzlerin musste selbstverständlich auch nicht auf Anordnung der Alliierten eine sogenannte "Kanzlerakte" unterschreiben, bevor sie ihren Amtseid ablegte. Die erbetene kurze Antwort lautet daher: Nein.

Mit freundlichen Grüßen, Ihr (...) , Presse- und Informationsamt der Bundesregierung.[4]

Schäuble-Rede

Von den Reichsideologen wird häufig der frühere Innenminister Wolfgang Schäuble als Beleg für ihre Ansichten zitiert.[5]
[6] Das Zitat aus einer Rede auf dem Frankfurter European Banking Congress 28.11.2011 wird stets verkürzt wiedergegeben:

.. wir in Deutschland sind seit dem 8. Mai 1945 zu keinem Zeitpunkt mehr voll souverän gewesen

Im vollem Zusammenhang lautet der betreffende Teil der Rede jedoch so:

[...] Die Kritiker, die meinen, man müsse eine Konkurrenz zwischen allen Politikbereichen haben, die gehen ja in Wahrheit von dem Regelungsmonopol des Nationalstaates aus. Das war die alte Ordnung, die dem Völkerrecht noch zu Grunde liegt, mit dem Begriff der Souveränität, die in Europa längst ad absurdum geführt worden ist – spätestens in den zwei Weltkriegen der ersten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts.

Und wir in Deutschland sind seit dem 8. Mai 1945 zu keinem Zeitpunkt mehr voll souverän gewesen. Das wusste übrigens das Grundgesetz, das steht schon in der Präambel 1949 – das Ziel, als gleichberechtigtes Glied in einem vereinten Europa dem Frieden der Welt zu dienen.
Der Grundgedanke ist, das war gar nicht so europaselig oder romantisch, die klare Einsicht jedenfalls in Europa – das mag in anderen Kontinenten anders sein – dass in Europa alle Nationalstaaten, die kleinen wie Luxemburg, aber auch die relativ großen wie Deutschland, nicht in der Lage sind, all die Probleme in souveränen Entscheidungen zu lösen, die in der globalen Welt – und das gilt im 21. Jahrhundert viel mehr, als in der zweiten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts – anstehen.

Deswegen ist der Versuch, in der europäischen Einigung eine neue Form von governance zu schaffen, wo es eben nicht eine Ebene gibt, die für alles zuständig ist und die dann im Zweifel durch völkerrechtliche Verträge bestimmte Dinge auf andere Ebenen überträgt [...][7]

Die Rede zeigt deutlich, dass Schäuble keineswegs von der staatlichen Unterordnung Deutschlands im Rahmen der europäischen Gemeinschaft oder der Weltgemeinschaft ausgeht, sondern von einem veränderten Souveränitätsbegriff, dem jedoch alle Staaten unterliegen. Schäubles Aussage ist daher als vermeintlicher Beleg für die Ansichten der Reichsideologen nicht geeignet.

Passfarben

Pässe der ständigen Mitglieder im Sicherheitsrat der UNO

Zuweilen bringen Reichsideologen die leicht zu widerlegende Behauptung vor, dass laut Angaben des U.S. Department of State fünf verschiedene Reisepässe existieren. Rot für abhängige Staaten, blau für souveräne Staaten, grün für provisorische Diplomatenpässe, andere grüne Pässe für Touristen mit befristetem Aufenthalt und Aufenthaltsgenehmigung für Staatenlose. Der Autor der Jahrhundertlüge Holger Fröhner verfälschte dabei einen Bericht der Schweizer Flüchtlingshilfe auf geradezu groteske Weise.[8] Tatsächlich spricht der Bericht von: "... fünf verschiedene[n] Reisepässe[n] in Turkmenistan."[9]

Bereits durch Augenschein ist ersichtlich, dass diese Theorie in den Bereich der Märchen gehört. So haben vier der fünf ständigen Mitglieder des Sicherheitsrates (burgunder-)rote Pässe: China, Russland, Großbritannien und Frankreich, müssten also nach der reichsideologischen Theorie unsouverän sein. Lediglich die USA haben einen (schwarz-)blauen Pass.

Souveränität des deutschen Staates aus staatsrechtlicher Sicht

Der seit 1867 existierende deutsche Nationalstaat erfuhr in seiner Geschichte in mehreren Organisationsformen ein unterschiedliches Maß an Souveränität. Dabei sollte allerdings zwischen dem erzwungenem Souveränitätsverlust durch die Besatzung und den freiwillig abgetretenen Souveränitätsrechten, etwa an die EU, unterschieden werden. Der Versailler Vertrag ist sicher als Einschränkung der Souveränität der Weimarer Republik gesehen worden, da er etwa die Heeresstärke Deutschlands festlegte.[10] Die am ehesten als "voll souverän" zu bezeichneten Staatsausprägungen bilden wohl das Kaiserreich/Norddeutscher Bund und das Dritte Reich.

Nachdem Deutschland im Zuge der bedingungslosen Kapitulation der deutschen Wehrmacht am 08.05.1945 vollständig von alliierten Truppen besetzt und in Besatzungszonen eingeteilt wurde, organisierten die Westmächte am 23.05.1949 die Bundesrepublik Deutschland. Diese blieb zunächst unter dem sogenannten Besatzungsstatut, das die West-Alliierten am 05.05.1955 für den Geltungsbereich des Grundgesetzes aufhoben. Damit hatte die Bundesrepublik als Staat nahezu die volle Souveränität wiedererlangt,[11] wenn auch die Alliierten, auf Grund der anomalen Lage, weiter Vorbehaltsrechte im Bezug auf Gesamtdeutschland behielten. Nach dem Mauerfall 1989 und der deutschen Wiedervereinigung am 03.10.1990 verzichteten die Alliierten im Zwei-plus-Vier-Vertrag auf alle Vorbehaltsrechte und gaben dem deutschen Staat, jetzt in Form der Bundesrepublik Deutschland, seine volle Souveränität zurück.[12] Von dieser Souveränität wurde in den folgenden Jahren häufig Gebrauch gemacht, etwa durch die Übertragung von Rechten an die EU.

Weblinks

Quellennachweise