Völkerrecht

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Das Völkerrecht ist eine eigene Rechtsordnung, die die Rechtsbeziehungen zwischen den Staaten der Welt regelt. Es ist für die internationalen Beziehungen von größerer Bedeutung, als hier dargestellt werden kann. Dieser Artikel konzentriert sich daher auf völkerrechtliche Bezüge diverser Verschwörungstheorien von Staatsleugnern und Revisionisten.

Allgemeines

Für Einzelpersonen ergeben sich aus dem Völkerrecht nur im Ausnahmefall unmittelbare Rechte oder Pflichten. Dafür muss Völkerrecht allerdings in die einzelstaatliche Rechtsordnung übernommen werden, denn das Völkerrecht hat mit der nationalen Rechtsordnung der jeweiligen Staaten zunächst nichts zu tun und ist von ihr unabhängig. Über Bestehen und Auslegung von Völkerrecht entscheiden verschiedene internationale Gerichte. Einige Gerichte sind für Rechtsstreitigkeiten aller Art zuständig (z.B. der Internationale Gerichtshof/IGH in Den Haag), andere nur für Streitigkeiten in bestimmten Bereichen oder über Regeln einzelner Verträge (so ist z.B. die Aufgabe des Internationalen Seegerichtshofs in Hamburg die Entscheidung über Streitigkeiten betreffend das internationale Seerechtsübereinkommen).

Völkerrechtsquellen

Anders als bei staatlichem Recht gibt es im Völkerrecht keinen zentralen Gesetzgeber. Stattdessen besteht das Völkerrecht aus der Gesamtheit der Rechtsregeln, die zwischen den Staaten gelten. Diese Regeln werden auch nicht zentral gesammelt (es gibt daher keine "Paragraphen des Völkerrechts") und sind zuweilen überhaupt nicht niedergeschrieben. Es gibt daher verschiedene "Rechtsquellen" aus denen die Rechtsanwender einzelne Rechtssätze schöpfen können.

Art. 38 Abs. 1 des IGH-Statut listet als Rechtsquellen völkerrechtliche Verträge, Völkergewohnheitsrecht und allgemeine Rechtsgrundsätze auf. Als Auslegungshilfe können die Entscheidungen internationaler Gerichte Lehrmeinung von anerkannten Völkerrechtlern heranziehen, Art. 38 Abs. 1 lit. d IGH-Statut.

Völkerrechtliche Verträge sind geschriebene Abkommen wie beispielsweise die Charta der Vereinten Nationen oder die Europäische Menschenrechtskonvention. Das Völkergewohnheitsrecht ist nicht vertraglich festgehalten, sondern ergibt sich aus einer beständigen, bestimmten Verhaltensweise der Staaten und der Überzeugung der Staaten, dass dieses Verhalten einer Rechtsregel entspricht (Rechtsüberzeugung und Staatenpraxis). Allgemeine Rechtsgrundsätze sind Rechtsgrundsätze, die sich in den Rechtsordnungen aller Staaten finden lassen.

Situation in Deutschland

Häufige Irrtümer von Staatsleugnern bezüglich des Völkerrechts beziehen sich auf die völkerrechtliche Identität Deutschlands und/oder die Geltung von Völkerrecht in der deutschen Rechtsordnung.

Völkerrechtliche Identität

Das Bundesverfassungsgericht vertritt in stehender Rechtsprechung, dass das deutsche Reich (gegründet 1871, im Volksmund oft als "Kaiserreich", in der Periode ab 1919 als "Weimarer Republik", von 1933 bis 1945 als "drittes Reich" bezeichnet) nicht untergegangen ist, sondern mit der Bundesrepublik Deutschland völkerrechtlich identisch ist. Das bedeutet nichts weiter als dass die Bundesrepublik 1949 nicht "aus dem Nichts entstanden" ist. Stattdessen hat sich das deutsche Reich innerstaatlich von einer faschistischen Diktatur zu einer freiheitlichen Demokratie umgestaltet und auch die Bezeichnung "Deutsches Reich" zu Gunsten des Namens "Bundesrepublik Deutschland" aufgegeben. Dadurch ist Deutschland auch an Verträge gebunden, die vor 1949 vom Deutschen Reich abgeschlossen wurden: Die Änderung des Namens und der inneren Einstellung hat auf äußere Rechte und Pflichten keine Auswirkungen.

Auf Basis der Erkenntnis, dass sich das Deutsche Reich zur Bundesrepublik Deutschland lediglich im Innern umgegliedert und sich nicht etwa neu gegründet hat, vertreten Revisionisten häufig die Auffassung, das Gebiete etwa im heutigen Polen weiterhin als deutsches Staatsgebiet zu betrachten wären. Sie stützen sich hier – irrig – auf Urteile des Bundesverfassungsgerichts, die die Bundesrepublik als "territorial lediglich teilidentisch" mit dem Deutschen Reich bezeichneten. Dass das Staatsgebiet der Bundesrepublik mit dem des deutschen Reiches lediglich teilidentisch war, liegt in der Geschichte der deutschen Teilung begründet: Die Theorie der Teilidentität trägt der Tatsache Rechnung, dass sich die Staatsgewalt der Bundesrepublik nicht auf das Gebiet der DDR erstreckte, ohne gleichzeitig den Anspruch auf Wiedervereinigung aufzugeben.

Mit der Wiedervereinigung und den damit einhergehenden bzw. nachfolgenden völkerrechtlichen Regeln sind die deutschen Grenzen fixiert und etwaige Gebietsansprüche auf ehemalige Territorien (z.B. im heutigen Polen) aufgegeben. Revisionistische Ansprüche, die "Ostgebiete heim ins Reich" zu holen, finden daher im Völkerrecht keinerlei Grundlage.

Geltung von Völkerrecht

Für Aushandlung und Abschluss völkerrechtlicher Verträge ist der Bund zuständig, Art. 59 GG. Durch das Zustimmungsgesetz des Bundestages nach Art. 59 Abs. 2 GG, das den Vertrag für Deutschland ratifiziert, werden die völkerrechtlichen Regeln in die deutsche Rechtsordnung übernommen. Innerstaatlich gelten solche Verträge dann in Form eines Bundesgesetzes.

Eine Besonderheit des deutschen Rechts besteht darin, dass die "allgemeinen Regeln des Völkerrechts", d.h. das Völkergewohnheitsrecht, in Deutschland unmittelbar gelten (Art. 25 GG). Da Gewohnheitsrecht gerade nicht vertraglich niedergelegt ist, ist nicht immer klar, ob eine bestimmte gewohnheitsrechtliche Regel besteht und ob diese nach Art. 25 GG in Deutschland gilt. Darüber entscheidet das Bundesverfassungsgericht (Art. 100 GG).

Reichsideologische Irrtümer

Die meisten Staatsleugner gründen ihre wirren Theorien zumindest zum Teil auf Irrtümern über das Völkerrecht. Beispiele umfassen

  • Missverständnisse um die völkerrechtliche Identität der Bundesrepublik Deutschland bzw. des Deutschen Reiches,
  • Irrtümer hinsichtlich eines angeblichen Kriegszustandes, in dem Deutschland sich befinden solle,
  • Irrtümer über die sog. "Feindstaatenklausel" in der UN-Charta,
  • Inhalt und Anwendbarkeit der UN Resolution A/RES/56/83,
  • angebliche Staatsgründungen und fehlerhafte Auslegung der Montevideo-Konvention,
  • Inhalt und Anwendbarkeit des internationalen Seerechts,
  • Umfang der Menschenrechte.

Die obige Liste ist mitnichten vollständig. Eine Reihe Irrtümer und Verschwörungstheorien zum Völkerrecht, denen Reichsbürger und andere Staatsleugner immer wieder erliegen, finden sich – mit umfassenden Erklärungen – im Buch "Vorwärts in die Vergangenheit!" (Link führt zum PDF).

Weblinks