Entscheidungen zu reichsideologischen Argumentationen
Immer wieder ziehen Reichsideologen Gerichtsurteile heran, um ihre wirren Argumentationen zu untermauern. Regelmäßig werden dabei ein oder mehrere Sätze dieser Gerichtsentscheidungen aus dem Zusammenhang gerissen und mit dem den Reichsideologen eigenen juristischen Unverständnis so interpretiert, dass die Aussage in das Weltbild der Reichsideologen, Staatsleugner und Querulanten passt.
Oft wird dabei das falsche Gericht angegeben (BVerfG statt BVerwG) oder das Gericht falsch bezeichnet. Um einen Überblick über die verwendeten Entscheidungen zu erhalten, werden hier Urteile und Beschlüsse nach Sachgebieten geordnet vorgestellt und verlinkt.
Eine weitere relevante Gruppe, die hier aufgeführt wird, bilden Gerichtsentscheidungen, die sich mit den Ansichten der Reichsideologen direkt befassen bzw. Querulanten verurteilen oder Beschlüsse, welche reichsideologische Klagen abweisen.
Inhaltsverzeichnis
Grundgesetz, Staatsangehörigkeit
Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen - Beschluss vom 22.11.2016
Die deutsche Rechtsordnung enthält selbstverständlich auch außerhalb des § 30 Abs. 3 Satz 1 StAG keine Anspruchsgrundlage für die Ausstellung einer Bescheinigung über eine vom Antragsteller frei erfundene deutsche „Staatsbürgerschaft“. Eine solche „Staatsbürgerschaft“ gibt es nach dem oben Ausgeführten ebenso wenig wie eine von den sog. „Reichsbürgern“ propagierte Staatsangehörigkeit des „reichsverfassungsrechtlichen Staates Deutsches Reich“ oder eine andere Phantasie-Staatsangehörigkeit.
Das Urteil führt eine Reihe von Gerichtsentscheidungen von Verwaltungsgerichten aus ganz Deutschland an, welche die Zunahme reichsbürgerlicher Klagen bis zum Jahr 2016 wiederspiegelt.
Verwaltungsgericht Berlin - Urteil vom 30.09.2016
Die von dem Kläger im Einklang mit der auch von anderen sog. Reichsbürgern verbreiteten Idee völkerrechtlicher Anknüpfungspunkte scheidet aus. Der Kläger ist kein Völkerrechtssubjekt.
Finanzgericht Münster - Urteil vom 14.04.2015
Der schriftliche und mündliche Vortrag des Klägers enthält kein sachliches Begehren. Es erstreckt sich im Kern darauf, darzulegen, dass die Bundesrepublik Deutschland als Staat sowie Nordrhein-Westfalen als Bundesland nicht existent seien. Der Kläger geht stattdessen davon aus, dass er als vermeintlicher Staatsbürger bzw. Staatsbeamter eines reichsverfassungsrechtlichen Staates 2tes Deutsches Reich nicht an die bundesrepublikanische Rechtsordnung gebunden sei und daher auch nicht der Steuergesetzgebungs-, Steuerertrags- und Steuerverwaltungshoheit der Bundesrepublik Deutschland bzw. ihrer Bundesländer unterliege. Ein solches Vorbringen ist abwegig und geht an der (Rechts-)Wirklichkeit vorbei. Die Auffassung des Klägers, er stehe der Bundesrepublik Deutschland, dem Land Nordrhein-Westfalen und damit auch den Bundes- und Landesbehörden (u.a. der Landesfinanzverwaltung) exterritorial gegenüber, ist erkennbar unzutreffend.
VG Potsdam Urteil vom 14.03.2016
Die Missbräuchlichkeit des Begehrens ergibt sich zweifelsfrei und ohne jeden weiteren Prüfungsbedarf schon aus den vom Kläger bei seiner Antragstellung selber gemachten Angaben insbesondere zur Belegenheit der aufgeführten Orte im Königreich Preußen, im Königreich Sachsen und im Herzogtum Sachsen-Meiningen, sowie der angegebenen weiteren Staatsangehörigkeit des Herzogtums Sachsen-Meiningen und der begehrten (teilweisen) Anwendung des RuStAG in der Fassung vom 22. Juli 1913. Die Einschätzung des Beklagten, dass der Kläger aufgrund dieser Angaben einem bestimmten Personenkreis, dem es vorrangig darum geht, die Existenz der Bundesrepublik Deutschland und deren Legitimität in Frage zu stellen, zuzurechnen sein dürfte, ist nicht zu beanstanden. Welche politischen und ideologischen Ziele mit dem Antrag im Einzelnen verfolgt werden sollen, ist nicht weiter aufklärungsbedürftig
FG Hamburg - Urteil vom 19.04.2011
Leitsätze:1. Ebenso wie es nur eine deutsche Staatsangehörigkeit gibt, besteht neben dem Staat Bundesrepublik Deutschland kein anderer deutscher Staat.
3. Die Abgabenordnung verstößt im Hinblick auf den Regelungsvorbehalt in Art. 14 GG nicht gegen das Zitiergebot des Art. 19 Abs. 1 Satz 2 GG.
2. Durch einige Unterschriften ergibt sich noch kein Staatsvolk und mangels Staatsgebiet und darauf ausgeübter Staatsgewalt erst recht kein Staat.
Dementsprechend gibt es auch weder ein Staatsvolk der "Germaniten" noch einen Staat "Germanitien". Durch einige Unterschriften auf einer so bezeichneten Gründungsurkunde und durch eine angeblich an die Vereinten Nationen gesandte Proklamation ergibt sich noch kein Staatsvolk und mangels Staatsgebiet und darauf ausgeübter Staatsgewalt erst recht noch kein Staat (vgl. zu den drei Elementen des Staatsbegriffs oben 1 b), ganz abgesehen von jeglicher internationaler Anerkennung (vgl. oben 1 c). Der Begriff "Germanit" bezeichnet vielmehr ein selten vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der Sulfide und Sulfosalze (Wikipedia).
AG Duisburg - Beschluss vom 26.01.2006
Leitsatz:
Das Bonner Grundgesetz ist unverändert in Kraft. Eine deutsche Reichsverfassung, eine kommissarische Reichsregierung oder ein kommissarisches Reichsgericht existieren ebenso wenig, wie die Erde eine Scheibe ist.
VG Frankfurt (Oder) - Urteil vom 12.7.2011
Klagen sogenannter "Reichsbürger", die die Legitimität der Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland bestreiten, sind unzulässig; ihnen fehlt wegen der offenkundigen Missbräuchlichkeit des zur Verbreitung ihrer Ideologie instrumentalisierten Verfahrens das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis.
Straßenverkehrsrecht
Führerschein
VG Köln - Gerichtsbescheid vom 30.06.2016
Denn auch bei allen sonstigen Vorkommnissen, die sich aus dem Verwaltungsvorgang des Beklagten ergeben, wird ersichtlich, dass der Kläger jegliche staatliche Autorität der Bundesrepublik Deutschland negiert und das geltende Recht als nicht verbindlich erachtet. Vor diesem Hintergrund ist die Annahme des Beklagten, aus den festgestellten Verstößen sei die Gefahr abzuleiten, dass der Kläger sich zulasten der übrigen Verkehrsteilnehmer auch in Zukunft nicht an verkehrsrechtliche Bestimmungen halten könnte, insgesamt berechtigt.... Seine Ausführungen zur „Rechtsqualität der Person B. G. “ können nur als abstrus bezeichnet werden und entbehren jeglicher Grundlage.
VG Meiningen - 2 K 297/11 Me zu dem Geschehen um den Busfahrer Tino K. - Hildburghausen.
Zwar begründen nicht nahe liegende Rechtsansichten allein keinesfalls eine mangelnde Eignung zur Führung von KFZ. Andererseits kann das Gericht eine Erkrankung des Betroffenen nicht sicher ausschließen. Seine Ausführungen sind weitgehend nicht nachvollziehbar und verwirrend. Da er als Busfahrer die Verantwortung für viele Menschen hat, hält es das Gericht zumindest für angezeigt, den Vorgang der zuständigen Stelle zur Kenntnis zu geben.
VG Berlin Beschluss vom 07.10.2011
Mit dem sicheren Führen eines Kraftfahrzeuges wäre es aber nicht vereinbar, wenn der Fahrer jeweils selbst darüber entscheiden würde, welche Verkehrsregeln er für sinnvoll hält und zu beachten gewillt ist.
"Reichskraftfahrkennzeichen"
Um ihren Anspruch auf ihre Reichsbürgerschaft zu untermauern, aber auch um einfach Versicherungs- und Anmeldepflicht für ihr Kraftfahrzeug zu umgehen, überkleben Reichsbürger die Kennzeichentafeln ihres Pkw mit Aufklebern[1][2], oder montieren gleich Phantasiekennzeichen[3]. Dies führt immer wieder zu einschlägigen Urteilen bei Gerichten.
VG Stuttgart - Gerichtsbescheid vom 29.01.2015
Die Verwendung des Euro-Kennzeichens ist in den Fällen, in denen ein Fahrzeug neu zugelassen wird, Kennzeichen neu zugeteilt oder Kennzeichenschilder ersetzt werden, zwingend vorgeschrieben. Der Zustand eines Kraftfahrzeugs, bei dem das Euro-Feld des Kennzeichenschildes mit einem Aufkleber in den Farben der „Reichsflagge“ (Farbenfolge schwarz, weiß, rot) mit einem Großbuchstaben „D“ im weißen – mittleren – Feld überklebt ist, ist deshalb nicht vorschriftsgemäß im Sinne der Fahrzeugzulassungsverordnung. Es darf auf öffentlichen Straßen nicht betrieben werden.
Waffenrecht
Nach den Vorfällen im Oktober 2016 nahmen die Behörden das Phänomen der Reichsbürger ernster und die Ordnungsämter gingen dazu über, waffenrechtliche Erlaubnisse zu überprüfen, vor allem bei Personen, die durch einschlägige Querulanz aufgefallen waren. Es erfolgten bundesweit Beschlagnahmungsaktionen. Die Betroffenen wandten sich teilweise an die Verwaltungsgerichte um die Entziehung der Waffen anzufechten.[4]
VGH München - Beschluss v. 05.10.2017 – 21 CS 17.1300
Wer die Existenz und Legitimation der Bundesrepublik Deutschland negiert und die auf dem Grundgesetz fußende Rechtsordnung generell nicht als für sich verbindlich anerkennt, gibt Anlass zu der Befürchtung, dass er auch die Regelungen des Waffengesetzes nicht strikt befolgen wird. (Rn. 16) (redaktioneller Leitsatz)
VG München - Beschluss v. 08.06.2017 – M 7 S 17.1202
Wird nach außen die Existenz der Bundesrepublik Deutschland als Staat verneint und damit sogleich die darin bestehende Rechtsordnung offensiv abgelehnt, zB, wenn Behörden, der Polizei oder selbst dem Gericht die Befugnis abgesprochen wird, aufgrund der nach dem 8. Mai 1945 erlassenen Gesetze tätig zu werden, erscheint nicht hinreichend gesichert, dass ein waffenrechtlicher Erlaubnisinhaber die maßgeblichen Regelungen des Polizei- und Waffenrechts für sich als bindend ansieht und sein Verhalten danach ausrichtet.
Wer erklärtermaßen bundes- oder landesgesetzliche Vorschriften, und damit auch die des Waffenrechts, nicht als für sich als verbindlich anerkennt und sich deshalb auch nicht verpflichtet sieht, die darin enthaltenen, dem Schutz der Allgemeinheit dienenden Vorschriften im Einzelnen jederzeit zu beachten, gibt Anlass zu der Befürchtung, dass er die Regelungen des Waffengesetzes, die heute anders als noch in preußischer Zeit ausgestaltet sind, nicht strikt befolgen wird; konkreter Verstöße gegen waffenrechtliche Vorschriften bedarf es dann nicht. (Rn. 20)
allerdings:
Es ist fraglich, ob Sympathiebekundungen in Bezug auf die „Reichsbürgerbewegung“ alleine bereits die Prognose einer insoweit waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit rechtfertigen können, sofern nicht weitere Umstände hinzutreten, die hinsichtlich der Rechtstreue Zweifel aufkommen lassen. (Rn. 19)
VGH München, Beschluss v. 15.01.2018 – 21 CS 17.1519
1. Personen, die der sog. "Reichsbürgerbewegung" zugehörig sind oder sich deren Ideologie als für sich verbindlich zu eigen machen, sind waffenrechtlich unzuverlässig (Fortführung von BayVGH BeckRS 2017, 128941). (Rn. 12 – 14) (redaktioneller Leitsatz)
2. Im Rahmen der nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG anzustellenden Prognose eines spezifisch waffenrechtlich bedenklichen Verhaltens wird nicht der Nachweis verlangt, dass der Betroffene mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit mit Waffen oder Munition nicht vorsichtig oder sachgemäß umgehen wird, sondern es genügt vielmehr eine diesbezügliche hinreichende Wahrscheinlichkeit (ebenso BVerwG BeckRS 9998, 29102). (Rn. 19) (redaktioneller Leitsatz)
VGH Baden-Württemberg - Beschluss v. 10.10.2017
Leitsatz1. Die waffenrechtliche Zuverlässigkeit ist ein individuell zu prüfender Umstand. Die Prüfung erfordert daher stets eine Würdigung der konkreten Umstände des Einzelfalls. Das gilt auch für sog. Reichsbürger und Selbstverwalter. (Rn.27)
2. Das für die Annahme einer waffenrechtlichen Zuverlässigkeit erforderliche Vertrauen, dass eine Person mit Waffen und Munition jederzeit und in jeder Hinsicht ordnungsgemäß umgeht, wird in aller Regel zerstört, wenn die Person ihre Bindung an in der Bundesrepublik Deutschland geltende Rechtsvorschriften in Abrede oder unter einen Vorbehalt stellt. Das gilt umso mehr, wenn sie aus dahingehenden Bekundungen praktische Konsequenzen zieht (hier: "Rückgabe" von Personalausweisen; "Zurückweisung" einer Verwarnung unter Verweis auf eine vermeintlich fehlende Verbindlichkeit des OWiG).(Rn.28)
Sozialrecht
Besoldung nach der Haager Landkriegsordnung
Entsprechend der Sozialstruktur der Reichsbürger betrifft ein großer Anteil gerichtlicher Entscheidungen das Sozialrecht. Dabei ist einer der skurrilsten Ansprüche derjenige, dass den Anspruchstellern Alimentierung nach der Haager Landkriegsordnung zustünde.
Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen - Beschluss vom 12.5.2014
das geltende Recht der Bundesrepublik Deutschland sieht die Zahlung einer Entschädigung in Form von Sold nach den Vorschriften der HLKO nicht vor. Der Antragsteller kann auch nicht mit Erfolg geltend machen, er sei als Bürger eines Deutschen Reichs Kriegsgefangener der Bundesrepublik Deutschland. Spätestens mit dem Wirksamwerden des Einigungsvertrages vom 31. August 1990 zum 29. September 1990 hat ein irgendwie geartetes und ggf. noch virtuell fortbestehendes Deutsches Reich aufgehört zu existieren
Sozialgericht Düsseldorf - Beschluss vom 25.4.2014
Das öffentliche Recht der Bundesrepublik Deutschland und insbesondere das Sozialgesetzbuch sehen die Zahlung einer Entschädigung in Form von Sold nach den Vorschriften der HLKO nicht vor (vgl im Einzelnen SG Dresden, Gerichtsbescheid vom 15.05.2013, Az. S 5 SV 31/13). Diesem Leistungsausschluss können die Kläger nicht entgegenhalten, sie unterliegen als Bürger eines Deutschen Reiches weder der bundesdeutschen Gesetzgebung noch dem behördlichen Verwaltungshandeln. Vielmehr sind die Kläger Bürger der Bundesrepublik Deutschland, deren Gesetze für die von ihnen begehrte Leistung keine Grundlage bilden.'
Jobcenter
Mit einem anderen Argument versuchen Reichsbürger Bescheide der Jobcenter, die ihnen missfallen, zu delegitimieren: Das Jobcenter sei keine Behörde und dürfe daher keine hoheitlich wirkenden Bescheide erlassen. Beweis für den privaten Charakter der Arbeitsagentur sei dessen Listung in Firmendatenbanken (z.B. UPIK® im Internet.
SG Karsruhe - Urteil vom 12.06.2015
Entgegen der Auffassung der Klägerin konnte für das Gericht die von ihr behauptete Auflistung des Jobcenters in einer von einem privaten Unternehmen geführten Firmendatenbank keine Rolle spielen. Zum einen war weder ersichtlich, unter welchen Voraussetzung der private Anbieter diese Firmendatenbank führt. Daher konnte eine Vergleichbarkeit zu amtlich geführten Registern wie beispielsweise dem Handelsregister nicht gezogen werden. Zum anderen könnte das Jobcenter auch als juristische Person des Privatrechts (wie von der Klägerin behauptet) nach dem Verständnis der höchstrichterlichen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts Behörde und damit befugt sein, Verwaltungsakte zu erlassen.
Steuerrecht
FG Berlin-Brandenburg vom 17.01.2013 - 7 K 7303/11
Leitsatz: Zu typischen Einwänden von Steuerboykotteuren und Reichsbürgern ( Edmund "Eddy" Stranzenbach)
Die Aufhebung des § 15 GVG führt nicht dazu, dass die zuvor zitierten Regelungen unwirksam und nicht zur Bestimmung des gesetzlichen Richters heranzuziehen wären.
Es besteht kein Anlass, dem Kläger gesondert nachzuweisen, dass die Mitglieder des erkennenden Gerichts deutsche Staatsangehörige sind. Nach § 9 Deutsches Richtergesetz -DRiG- und § 17 Satz 1 FGO müssen sowohl die Berufsrichter als auch die ehrenamtlichen Richter Deutsche sein, also die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen. Da die Mitglieder des erkennenden Senats – wie wiederum aus dem Geschäftsverteilungsplan ersichtlich ist – zu Richtern ernannt bzw. gewählt wurden, kann der Kläger verlässlich davon ausgehen, dass die erkennenden Richter Deutsche sind. Anhaltspunkte dafür, dass es sich anders verhält, hat der Kläger nicht vorgetragen.
Auf eine Vereidigung nach dem vom Kläger angeführten SHAEF-Militärgesetz Nr. 2 kommt es nicht an, weil dieses Gesetz durch das DRiG und die Richtergesetze der Länder Brandenburg und Berlin als leges posteriores überholt ist. Im Übrigen verweist das Gericht wegen der Geltung des GG und der darauf beruhenden Bundes- und Landesgesetze auf die Urteile des Amtsgerichts Duisburg vom 26.01.2006 46 K 361/04, Neue Juristische Wochenschrift -NJW- 2006, 3577, des Hessischen Finanzgerichts -FG- vom 22.09.2010 6 K 134/08, juris und des FG Hamburg vom 19.04.2011 3 K 6/11, Entscheidungen der Finanzgerichte -EFG- 2011, 2189 (Das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren X B 143/11 wurde aus dem Prozessregister gelöscht.).
FG Berlin-Brandenburg - Urteil vom 01.09.2015
Für den auf Feststellung der Unwirksamkeit der Steuerbescheide gerichteten Antrag fehlt das Rechtsschutzbedürfnis. Denn dem Kläger geht es allein darum, seine Ansichten als sog. Reichsbürger kundzutun und die Legitimation und Existenz der Bundesrepublik Deutschland und ihrer Gewalten anzuzweifeln. Er verwendet daher in seiner Klageschrift abwegige und in sich nicht nachvollziehbare Rechtsausführungen zur vermeintlichen Nichtexistenz der „BRD“,
FG Kassel- 4 K 1406/13 vom 09.10.2013
Darüber hinaus ist die Klage auch mangels Rechtsschutzbedürfnis unzulässig, da kein nachvollziehbarer Grund erkennbar ist, zu welchem Zweck der Kläger Rechtsschutz von einem Gericht erlangen will, das nach seiner eigenen Überzeugung rechtlich nicht existiert bzw. zur Entscheidung über seinen Antrag gesetzlich nicht legitimiert ist.
Allgemeines Verwaltungsrecht
"Amtsausweis"
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof (VGH München) - Beschluss v. 27.07.2015
Die vom Kläger im Schreiben vom 9. Juni 2015 erhobene Forderung, dass sich die zur Entscheidung berufenen Richter ihm gegenüber nicht nur durch einen Dienstausweis, sondern durch einen „Amtsausweis“ zu legitimieren hätten, brauchte nicht behandelt zu werden. Abgesehen davon, dass sich hieraus kein ernsthafter Anhaltspunkt für eine Befangenheit ergibt, ist die Auffassung des Klägers, dass ein Richter verpflichtet sei, den Prozessbeteiligten seine Ernennungsurkunde vorzulegen, ohnehin rechtsirrig und abwegig.
Gültigkeit von Verwaltungsgesetzen - Legitimation von Gerichten und Behörden
VG Frankfurt/Oder - Urteil vom 12.07.2011
Leitsatz
Klagen sogenannter "Reichsbürger", die die Legitimität der Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland bestreiten, sind unzulässig; ihnen fehlt wegen der offenkundigen Missbräuchlichkeit des zur Verbreitung ihrer Ideologie instrumentalisierten Verfahrens das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis.
VG Braunschweig - Urteil vom 27.02.2007 zu: Äußerungen über "Erlöschen" der Bundesrepublik und fehlende Legitimation bundesdeutscher Behörden.
Die vom Antragsteller vorgetragenen Überlegungen, mit denen er die Existenz der Bundesrepublik Deutschland sowie die Legitimation der Behörden bestreitet und die Rechtsnormen der Bundesrepublik als ungültig ansieht, sind offensichtlich unhaltbar und gehen an der Realität vorbei. Seine Auffassung, als Bürger des „Deutschen Reiches“ sei er als Exterritorialer anzusehen und unterliege daher nicht den Gesetzen sowie der Gerichtsbarkeit der Bundesrepublik Deutschland, trifft offensichtlich nicht zu (vgl. die §§ 18 bis 20 GVG). Die Bundesrepublik Deutschland ist der einzige Staat auf deutschem Staatsgebiet. Seine Auffassung, ein US-Außenminister könne einen Artikel des Grundgesetzes mit der Folge „außer Kraft setzen“, dass danach alle Rechtsnormen der Bundesrepublik ungültig werden, ist schlicht wirklichkeitsfremd.
allgemeine Prozess-Querulationen
Es gibt eine Reihe von Formalien in deutschen Behörden- und Gerichtsprozessen, gegen den sich Reichsbürger mit abstrusen Begründungen wehren. Meist geht es darum einem (Straf-)Prozess überhaupt zu entgehen oder die Zustellung oder Vollstreckung von Entscheidungen deutscher Ämter oder Gerichte zu leugnen oder zu verhindern.
Fehlende Zustellung eines 'Originals'
Ein häufiger Einwand von Reichsbürgern gegenüber vollstreckenden Gerichtsvollziehern, durchsuchenden Ermittlungsbeamten und auch gegenüber Rechtsmittel-Gerichten besteht darin, Titeln die Legitimation abzusprechen, da eine Originalunterschrift fehle. Dies führt stets zu abweisenden Entscheidungen.
SG Magdeburg - Beschluss vom 03.01.2015
Zugestellt wird von Amts wegen nach den Vorschriften der ZPO (§ 63 Abs. 2 Satz 1 SGG). Hier ist die Zustellung im Wege der Ersatzzustellung durch Einlegen der beglaubigten Abschrift des Beschlusses vom 10. Februar 2015 in den Briefkasten gemäß §§ 178 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 180 ZPO bewirkt worden. Gemäß § 317 Abs. 1 Satz 1 ZPO werden Urteile den Parteien zugestellt. Die Urteilszustellung erfolgt seit der Rechtsänderung zum 1. Juli 2014 in der Regel durch Zustellung einer beglaubigten Abschrift (vgl. Vollkommer in Zöller, ZPO, 30. Auflage § 317 Rn. 9). Das Original verbleibt in der Gerichtsakte (vgl. Vollkommer, a.aO. § 315 Rn. 6a). Ein Rechtsanspruch auf Zustellung eines handschriftlich unterschriebenen Beschlusses besteht nicht.
Prozessverhalten der Reichsbürger
Entsprechend ihren Ansichten, dass staatliche Richter und Gerichte nicht legitimiert seien, versuchen Reichsbürger bei Verhandlungsterminen das Verfahren zu behindern, indem sie etwa zu Beginn der Hauptverhandlung zunächst das Hinsetzen verweigern, Unterlagen verlangen, aus denen sich ergebe, dass der erkennende Richter wirklich ein staatlicher Richter sei und die Angaben ihrer Personalien verweigern.[5] Das führt zuweilen bei erfahrenen Richtern dazu, dass entsprechende Ordnungssgelder erlassen werden[6] oder sogar Ordnungshaft angeordnet wird[7].
Für den Fall, dass Reichsbürger sich weigerten auf der Anklagebank Platz zu nehmen, werden sie zuweilen als 'nicht anwesend' erklärt und ihre Einsprüche gegen Strafbefehle verworfen:
Der Angeklagte sei zwar körperlich anwesend, weigere sich aber, an der Verhandlung in irgendeiner Weise teilzunehmen, ließ er zu Protokoll nehmen. Dies werte er als "nicht vor Gericht erschienen", argumentierte [Richter] Heuer. Wenn derjenige, der in Berufung gehe, vor Gericht nicht erscheine, sei diese zu verwerfen. Punkt. Und damit schloss Heuer auch die gestrige Verhandlung. Die Staatsanwältin war noch nicht einmal dazu gekommen, die Anklage zu verlesen.[8]
Im äußersten Fall provoziert solches Verhalten auch die Anordnung eines psychiatrischen Gutachtens.[9]
Humor in deutschen Amtsstuben
Wenngleich deutsche Gerichte der anschwellenden Antragsflut[10] der Reichsbürger in der Regel mit juristischer Trockenheit begegnen und teilweise haarsträubendem Unsinn sorgfältig begründend zurückweisen, dringen doch immer wieder Anzeichen menschlicher Fassungslosigkeit durch, welche die Behördenmitarbeiter versuchen, durch Humor zu lindern.
So wird es einem niedersächsischen (Ober-)Staatsanwalt zu bunt, eine Vielzahl querulatorischer Schreiben und Anträge zu beantworten und er bescheidet einen Reichsbürger:
Gegen diesen Bescheid können Sie sich beim König von Preußen beschweren oder wahlweise innerhalb 2 Wochen bei der Generalstaatsanwaltschaft Oldenburg, Mozartstr.5, 26125 Oldenburg[11]
Der Gefahr einer ungenügenden Rechtsmittelbelehrung versucht der OStA durch den Zusatz:
Durch den rechtzeitigen Eingang bei der hiesigen Staatsanwaltschaft wird die Frist gewahrt
zu entgehen. Siehe dazu auch den Bericht in der Neuen Osnabrücker Zeitung.
Weblinks
Quellennachweise
- ↑ burhof online blog
- ↑ Sächsische Zeitung vom 11.10.2014
- ↑ Mitteldeutsche Zeitung vom 09.04.2011
- ↑ vor allem in Bayern: Augsburger Allgemeine: Reichsbürger: Weiter Klagen eingegangen
- ↑ burhof online blog
- ↑ OLG Hamm Bechl. v. 06.10.2016
- ↑ baden online vom 25.10.2016
- ↑ Schwarzwälder Bote
- ↑ NOZ vom 20.05.2016
- ↑ Berliner Tagesspiegel v. 05.10.2015
- ↑ Einstellungsbescheid der Staatsanwaltschaft Osnabrück