Kanzlerakte

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Einzig existierender Beleg der Kanzlerakte: offenbar gefälschtes Schreiben aus dem Jahr 1992 mit Bezug auf einen politisch fragwürdigen und sachlich zweifelhaften „geheimen Staatsvertrag“ von 1949, zu dem auch die Kanzlerakte gehören soll

Die Kanzlerakte ist in ihrer plakativsten Beschreibung ein angebliches deutsches Regierungsdokument, dessen Existenzvorstellung zumeist in weiten Kreisen rechtsideologischer Verschwörungstheorien verbreitet ist und u. a. belegen soll, dass Deutsche seit Kriegsende als „unfreie Bürger“ unter dem „Diktat fremder Mächte“ stehen. Es wird mit dieser Annahme des Vorhandenseins einer solchen „Akte“ auch eine revanchistische Vorstellung erkennbar.

Die Kanzlerakte soll Teil eines geheimen Staatsvertrags vom 21. Mai 1949 sein, mit dem sich die alliierten Siegermächte des Zweiten Weltkriegs insbesondere die „Medienhoheit“ in der Bundesrepublik Deutschland bis zum Jahre 2099 sichern. Die „Kanzlerakte“ selbst wird als Schriftstück beschrieben, das vermeintlich jeder deutsche Bundeskanzler vor Ablegung des Amtseides zu unterzeichnen habe, eine Art Verpflichtungserklärung gegenüber den Alliierten.

Der einzige schriftliche Beleg für die Existenz der Kanzlerakte - das angebliche Schreiben eines „Staatsministers Dr. Rickermann“ - wird von Fachleuten als "groteske Aktenfälschung" eingestuft.[1] Dennoch wird die Existenz der Akte von Anhängern reichsbürgerlicher und staatsfeindlicher Ideologien angenommen und als Zeichen der mangelnden Souveränität Deutschlands ausgelegt.[2][3]

Im Jahre 2006 soll sich dann ein überzeugter Nationalist aus Bayern dazu bekannt haben, die Geschichte erfunden zu haben um die Autorität der, wie er es nannte, ›westdeutschen Marionettenregierung‹ zu untergraben. [4]

Angebliche Belege zur Existenz

Schreiben eines „Staatsministers Dr. Rickermann“ vom Bundesnachrichtendienst (BND)

Das Schreiben, das seit Jahren im Internet kursiert, soll gem. Bearbeitungsvermerk aus dem Jahr 1992 datieren. Es ist an einen nicht namentlich genannten Minister gerichtet und informiert diesen darüber, dass die die Kopie Nr. 4 eines geheimen Staatsvertrages zwischen der provisorischen Regierung Westdeutschlands und den Alliierten vom 21. Mai 1949 verloren gegangen sei. Inhalt dieses Staatsvertrages sei, dass

  • die Alliierten bis zum Jahre 2099 die Medienhoheit in Deutschland besäßen
  • die sog. Kanzlerakte, die jeder Bundeskanzler auf Anordnung der Alliierten vor seinem Amtseid zu unterzeichnen hätte
  • die Pfändung der Goldreserven der Bundesrepublik Deutschland durch die Alliierten

Zweifler an der Echtheit dieses Schreibens halten es für eine schlichte Fälschung und führen auf, dass

  • zum Zeitpunkt der angeblichen Abfassung des geheimen Staatsvertrags die Bundesrepublik Deutschland noch gar nicht gegründet war und es eine provisorische Regierung Westdeutschlands nie gab
  • es Staatsminister im BND weder gab noch gibt. Staatsminister sind die Parlamentarischeren Staatssekretäre im Bundeskanzleramt und im Auswärtigen Amt. Der BND wird von einem Berufsbeamten geleitet. Auch außerhalb des BND gab es keinen Staatsminister namens Rickermann.
  • ein mit Schreibmaschine gefertigter Briefkopf für eine obere Bundesbehörde im Jahre 1992 (Datum der Unterschrift) eher unüblich sei
  • der Inhalt impliziere, die Empfänger hätten schon Kenntnis von diesem geheimen Staatsvertrag. Eine nochmalige schriftliche Ausfertigung einer Inhaltsangabe würde aber das Risiko der Aufdeckung unnötig erhöhen
  • der Absender keine Bearbeitungshinweise für den Empfänger vorgeben würde, da dieser dies in eigener Regie entscheide, was mit dem Dokument geschehe. Die Bearbeitungsvermerke seien neben dem Eingangsstempel ein Beleg dafür, dass der Empfänger das Dokument tatsächlich erhalten habe.
  • mehrere Rechtschreibfehler existieren, welche auf dieser formellen Ebene nicht vorkommen sollten
  • die Geheimhaltungsstuffe Verschlusssache – nur für den Dienstgebrauch die niedrigste Geheimhaltungsstufe ist, zu der die Angabe amtlich geheimgehalten und die mehrfach betonte strengste Vertraulichkeit eines Schreibens nur für Minister nicht passe. Bei der Angabe der Geheimhaltungsstufe würden auch die Vorgaben der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum materiellen und organisatorischen Schutz von Verschlusssachen, kurz VSA[5] missachtet.


Kanzlerakte - 2 Versionen mit je verschiedenen Rechtschreibfehlern - Auch die Zeilenlänge variiert in einigen Abschnitten und der Briefkopf ist verschieden.
Ein wesentlicher Hinweis auf die Fälschung des im Internet kursierenden Schreibens des 'Dr. Rickermann' dürfte sein, dass dieses in verschiedenen Versionen im Internet zu finden ist. Neben der mehrheitlich kolportierten Fassung (s. Artikelbeginn) kursiert eine weitere Version mit jeweils einer Anzahl von Rechtschreibfehlern in dem einfachen Text, die nicht nur auf Schlampigkeit, sondern auch auf eine niedere Schulbildung schließen lassen, welche man bei einem promovierten Staatsminister ausschließen darf. So empfiehlt 'Staatsminister Dr. Rickermann' in der einen Version dringend, die Echtheit des geheimen Staatsvertrages "abzuleugen" und unterzeichnet den Brief mit "Hochachtugsvoll", in der anderen Version schreibt er ebenso grammatikalisch wie orthographisch falsch von der "Medienhoheit der allierten Mächten" und ein anderes Mal von den "Allierten Mächten". Auffällig ist ferner, daß in der zweiten Version die Zeilenlängen in einigen Abschnitten unterschiedlich zur ersten sind und sich auch die Briefköpfe in Drucktype und Spationierung unterscheiden, womit ohnehin erwiesen ist, daß zumindest eine Fassung gefälscht sein muss.[4]

Zitat des Generalmajors a.D. Gerd-Helmut Komossa

Komossa war von 1977 bis 1980 Leiter des Amtes für den Militärischen Abschirmdienst (MAD) und Vorsitzender der dem Rechtsextremismus nahestehenden Gesellschaft für die Einheit Deutschlands e.V.). In seinem im Juli 2007 veröffentlichten Buch Die deutsche Karte – Das verdeckte Spiel der geheimen Dienste. Ein Amtschef des MAD berichtet, erschienen im politisch als rechtsgerichtet geltenden Ares-Verlag, ISBN 978-3-902475-34-3, geht er auf das o.g. Schreiben auf Seite 21 f. ein:

Der Geheime Staatsvertrag vom 21. Mai 1949 wurde vom Bundesnachrichtendienst unter ‚Strengste Vertraulichkeit‘ eingestuft. In ihm wurden die grundlegenden Vorbehalte der Sieger für die Souveränität der Bundesrepublik bis zum Jahre 2099 festgeschrieben, was heute wohl kaum jemandem bewußt sein dürfte. Danach wurde einmal der ‚Medienvorbehalt der alliierten Mächte über deutsche Zeitungs- und Rundfunkmedien‘ bis zum Jahre 2099 fixiert. Zum anderen wurde geregelt, daß jeder Bundeskanzler Deutschlands auf Anordnung der Alliierten vor Ableistung des Amtseides die sogenannte ‚Kanzlerakte‘ zu unterzeichnen hatte. Darüber hinaus blieben die Goldreserven der Bundesrepublik durch die Alliierten gepfändet.

Diese Äußerung Komossas, deren Erkenntnis wie er angibt eben aus dem genannten 'Rickermann'-Schreiben stammte wurde und wird von interessierten Kreisen als zusätzlicher Beleg für die Existenz der 'Kanzlerakte' gefeiert, obwohl sie aus derselben trüben Quelle schöpfte.

Nicht erwähnt wird dabei in der Regel, dass Komossa später gegenüber der Zeitschrift Junge Freiheit den Abschnitt in seinem Buch relativierte:
Hinsichtlich der Vorbehaltsrechte benutzte ich dabei das sogenannte ›BND-Papier‹, das mir dienstlich zugänglich war, was ich aber nicht bewerten wollte und konnte. Auch heute weiß ich nicht, ob es echt oder Fälschung ist. Letzteres ist zu vermuten. Dieses in dem Buch nicht zu vermerken, war sicherlich ein Fehler. (…) Es war nicht meine Absicht, mit diesem Hinweis auf die ›Rechte der Alliierten‹ den Eindruck zu vermitteln, als würden diese heute noch wirksam sein. [6][4]
Diese Auskunft muss bezweifelt werden, da sie nicht erklärt, wie Komossa, der nur bis 1980 im Amt war, ein Schreiben, das angeblich von 1992 stammen soll 'dienstlich zugänglich' gewesen sein sollte. Aber selbst diese Aussage modifizierte Komossa zu einem späteren Zeitpunkt. Er behauptete nun, ihm liege das zitierte Papier des BND "in Ablichtung" vor. Eine vertrauenswürdige Person habe es ihm übermittelt. Er habe es als "Zeitdokument des Jahres 1949" verstanden. Zu Recht schließt ein Kritiker daraus:
Schon daran zeigt sich, was von der Passage in Komossas Buch zu halten ist. Denn daß das "zitierte Papier des BND" kein "Zeitdokument" aus dem Jahr 1949 sein kann, wird allein schon durch die Tatsache belegt, daß der BND erst am 1. April 1956 seine Tätigkeit als eine dem Bundeskanzleramt angegliederte Dienststelle aufnahm (-> Wikipedia). Darüber hinaus wurde es - wie aus dem Datum 14.8.96" beim Vermerk "z.d.A. am" erkennbar ist - erst in den 1990er-Jahren erstellt, nicht bereits 1949. Und daß es am 21. Mai 1949 noch gar keine Bundesrepublik Deutschland gab, die einen "Geheimen Staatsvertrag" hätte schließen können, scheint Komossa, der sich hoffentlich nicht nur wegen seiner Pensionsansprüche gegenüber dem Leser der "KRR"-FAQ ausdrücklich "zu unserem Staat Bundesrepublik Deutschland" bekennt, nicht weiter zu irritieren. Auch auf die zahlreichen weiteren Widersprüche im "BND-Papier" geht Komossa nicht ein.[7]

Insgesamt ist somit die zitierte Passage in Komossas Buch nicht als Bestätigung für die Existenz der 'Kanzlerakte' zu werten, sondern im günstigsten Fall als biographisch-politische Schlamperei im Umgang mit ungeprüften Quellen, im schlimmsten Falle als bewußte Desinformation eines national gesinnten Wichtigtuers.

Zitat von Egon Bahr

Egon Bahr war von 1972 bis 1976 Minister in der Regierung Willy Brandt. 2009 berichtete er in der Zeit von einem „Unterwerfungsbrief“, den Bundeskanzler Brandt vor seinem Amtsantritt gegenüber den westlichen Siegermächten zu unterzeichnen hatte. So sagte er:

Brandt war wichtiger, zu berichten, was ihm »heute passiert« war. Ein hoher Beamter hatte ihm drei Briefe zur Unterschrift vorgelegt. Jeweils an die Botschafter der drei Mächte – der Vereinigten Staaten, Frankreichs und des Vereinigten Königreich Großbritannien – in ihrer Eigenschaft als Hohe Kommissare gerichtet. Damit sollte er zustimmend bestätigen, was die Militärgouverneure in ihrem Genehmigungsschreiben zum Grundgesetz vom 12. Mai 1949 an verbindlichen Vorbehalten gemacht hatten. Als Inhaber der unkündbaren Siegerrechte für Deutschland als Ganzes und Berlin hatten sie diejenigen Artikel des Grundgesetzes suspendiert, also außer Kraft gesetzt, die sie als Einschränkung ihrer Verfügungshoheit verstanden. Das galt sogar für den Artikel 146, der nach der deutschen Einheit eine Verfassung anstelle des Grundgesetzes vorsah. […] Brandt war empört, dass man von ihm verlangte, einen solchen ‚Unterwerfungsbrief‘ zu unterschreiben. Schließlich sei er zum Bundeskanzler gewählt und seinem Amtseid verpflichtet. Die Botschafter könnten ihn wohl kaum absetzen! Da musste er sich belehren lassen, dass Konrad Adenauer diese Briefe unterschrieben hatte und danach Ludwig Erhard und danach Kurt Georg Kiesinger.[8]

Gerade dieses Zitat wird von Kreisen, die an die Existenz der Kanzlerakte glauben, als Beweis angeführt, auch wenn Bahr selbst den Begriff Kanzlerakte nicht verwendet. Zu beachten ist, dass die Bundesrepublik bis 1991 den Regelungen des Deutschlandvertrages unterworfen war, was Einschränkungen der Souveränität bedeutete. Diese wurden erst mit dem Zwei-plus-Vier-Vertrag, der nach seiner endgültigen Ratifizierung 1991 in Kraft trat, aufgehoben.

Die Französische Republik, die Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken, das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland und die Vereinigten Staaten von Amerika beenden hiermit ihre Rechte und Verantwortlichkeiten in bezug auf Berlin und Deutschland als Ganzes. Als Ergebnis werden die entsprechenden, damit zusammenhängenden vierseitigen Vereinbarungen, Beschlüsse und Praktiken beendet und alle entsprechenden Einrichtungen der Vier Mächte aufgelöst.[9]

Offenbar ließen sich die Westalliierten von jedem Kanzler bis zum Inkrafttreten des Zwei-plus-Vier-Vertrages bestätigen, dass er die Bestimmungen des Deutschlandvertrages beachten werde. Rein rechtlich wäre das nicht erforderlich gewesen, da die Bestimmungen auch ohne die Bestätigung des jeweiligen Kanzlers gegolten hätten. Selbst das ist aber kein Beweis für die Existenz des angeblichen geheimen Staatsvertrages. Nach Abschluss des Zwei-plus-Vier-Vertrages war eine solche zusätzliche Versicherung des Kanzlers gegenstandslos. Dennoch wird unter Bezug auf das Bahr-Zitat behauptet, dass die Kanzlerakte nach wie vor von jedem Kanzler zu unterzeichnen wäre.[10]

youtube: Russisches TV berichtet 2015 über die Kanzlerakte[11]

Bericht zur Kanzlerakte im 'russischen Fernsehen'

Am 10. Februar 2015 berichtete der rechtsnationale halbstaatliche russische Sender „Erster Kanal“ (Perwy kanal, russisch: Первый канал, Transliteration Pervyj kanal, offizielle englische Selbstbezeichnung Channel One Russia, deutsch Erster Kanal ; bis 2002 ORT), der für seine propagandalastigen Falschmeldungen bekannt ist[12], in Rußland über die sogenannte „Kanzlerakte“.[11]

Der deutlich propagandistisch gefärbte Bericht entzündet sich an der angeblichen Entscheidung der Bundesrepublik Deutschlands, sich den Sanktionen der Weltgemeinschaft gegen Russland wegen der Annektionen in der Ukraine anzuschließen. In der Folge wird dargelegt, dass Deutschland seit dem Zweiten Weltkrieg ein Vassallenstaat der USA gewesen sei. Als einer der Zeugen wird ausgerechnet der wegen seiner verschwörungsideologischen Ausrichtung ins Zwielicht geratene Journalist Udo Ulfkotte angeführt. Im Laufe dieses Berichts (ab min 4:43) wird auch die Kanzlerakte als Beleg für das Vassallentum Deutschlands und seiner Kanzler angeführt. Das Schreiben 'Rickermanns' wird als authentisch angenommen und der Bericht Komossas von einem ehemaligen KGB-Offizier mit dem Hinweis auf dessen angebliches Verschwinden[13] als der Wahrheit entsprechend. Ohne darauf einzugehen, dass selbst der Legende nach der geheime Staatsvertrag nicht mit den USA geschlossen worden sein soll, sondern mit den Aliierten - zu denen die UdSSR bekanntlich auch gehörte - wird aus der Verpflichtung Deutschlands, den von der Europäischen Union beschlossenen Sanktionen[14] beizutreten, eine Entscheidung der Kanzlerin, die der angeblichen Verpflichtung gegenüber den USA aus der Kanzlerakte geschuldet sei.

Dies befeuerte erneut Phantasie und den Argumentationseifer der einschlägigen Desinformanten, die, wenngleich sonst den Verlautbarungen offizieller Medien misstrauisch gegenüberstehend, hier keinerlei Zweifel an den Intentionen der Sendung hegen.[3]

Antwort der Kanzlerin bezgl. der Kanzlerakte

Stellungnahme des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung

Eine Anfrage der politischen Kommunikationsplattform „Direkt zur Kanzlerin“ an die Bundeskanzlerin Angela Merkel erhielt am 19. November 2007 zur Antwort:

Sehr geehrter Herr […], vielen Dank für Ihre Anfrage, die wir im Auftrag der Bundeskanzlerin beantworten.

Der ‚geheime Staatsvertrag‘, den Sie erwähnen, ist dem Reich der Legenden zuzuordnen. Diesen Staatsvertrag gibt es nicht. Und die Bundeskanzlerin musste selbstverständlich auch nicht auf Anordnung der Alliierten eine sogenannte ‚Kanzlerakte‘ unterschreiben, bevor sie ihren Amtseid ablegte. Die erbetene kurze Antwort lautet daher: Nein.

Mit freundlichen Grüßen, Ihr […], Presse- und Informationsamt der Bundesregierung[15]

Rechtliche Bindung

Eine rechtliche Bewertung der 'Kanzlerakte' - abgesehen von ihrer ungesicherten Existenz - begegnet der Schwierigkeit, dass weder über den Inhalt, noch über die Vertragspartner Anhaltspunkte bestehen. Einer Einordnung als 'Staatsvertrag' steht entgegen, dass der Bundeskanzler nicht im Namen der Bundesrepublik Staatsverträge abschließen kann. In der Regel schließt der Bundespräsident gemäß Artikel 59 Absatz 1 Satz 2 GG im Namen des Bundes die Verträge mit auswärtigen Staaten. Völkerrechtliche Verträge zwischen Staaten werden im Namen des Präsidenten der Bundesrepublik Deutschland geschlossen. Dies wirft zudem auch die vertragsrechtliche Frage auf, welche juristische Instanz zuständig wäre, falls gegen die Inhalte des Vertrages verstoßen würde, und welche begründbaren Sanktionen hierbei rechtlich oder völkerrechtlich überhaupt möglich wären. Daneben offenbart sich bei dieser Legende eine volkstümlich falsche Vorstellung von der Macht eines Bundeskanzlers. Dieser bestimmt zwar die Leitlinien der Bundesregierung, aber selbst diese ist nicht das alleine bestimmende staatliche Organ in der Bundesrepublik Deutschland. Um eine effiziente Bindung zu einem solchen Staatsvertrag (geheim oder nicht) zu erreichen, müsste wenigstens noch die Volksvertretung - der deutsche Bundestag - verpflichtet werden, was angesichts der demokratischen Natur dieser Institution ausgeschlossen erscheint.

Möglich wäre jedoch auch, dass der Bericht Egon Bahrs (s.o.) ganz oder teilweise der Wirklichkeit entspricht und die Kanzlerakte somit lediglich diplomatisch erwünschte, aber keineswegs staatsrechtlich verbindlich abgegebene Konformitätserklärungen deutscher Kanzler darstellt, dann wäre zum einen der Nimbus des 'geheimen Staatsvertrages' gebrochen (und damit die Relevanz für entsprechende Verschwörungsideologen gemindert) zum anderen auch die in den Augen der Verfechter mit dem 'Vertrag' verbundene angebliche Einschränkung der staatlichen Souveränität Deutschlands nicht zu erklären.

Relevanz der Kanzlerakte für die Reichsbürger-Bewegung

Trotzdem mehr oder weniger akzeptiert wird, dass das Rickermann-Schreiben eine Fälschung ist, wird in reichsbürgerlichen und staatsleugnenden Kreisen unverändert behauptet, dass es einen geheimen Staatsvertrag gäbe, welchen jeder Bundeskanzler gezwungen sei zu unterzeichnen, noch bevor er sein Amt antrete.

Obwohl selbst der Fälschung und dem Bericht Komossas nicht zu entnehmen ist, welchen Inhalt die ominöse Kanzlerakte haben soll und welcher Art die angebliche Verpflichtung des jeweiligen Kanzlers sei, wird alleine die behauptete Existenz des legendären Geheimvertrages als Beweis dafür genommen
... , dass die Bundesrepublik Deutschland kein Souveräner Staat ist, sondern bestenfalls als Konstrukt der Alliierten, insbesondere der durch die Hochfinanz gesteuerten USA, bezeichnet werden kann. All dies um aus dem als Bundesrepublik Deutschland bezeichneten Teil Deutschlands alles Vorhandene herauszupressen, ohne das die Bevölkerung etwas davon wirklich bemerkt und anfängt sich dagegen zu wehren.

[...]

Somit liegt hier nicht nur ein Beweis vor, dass die Bundesrepublik Deutschland tatsächlich kein souveräner Staat ist, sondern auch dafür, dass sie nur ein unter Fremdherrschaft stehendes Verwaltungsgebiet mit Staatssimulation für die darin lebenden Bürger ist – eine Art Lagerverwaltung![16]

Die Legende dient somit in diesen Kreisen der Delegitimierung sowohl der amtierenden Regierung, als auch des herrschenden politischen Systems, um damit die Errichtung scheinstaatlicher Strukturen plausibel zu machen oder zivilen Ungehorsam zu rechtfertigen. Daneben verstärkt die Ablehnung der vermeintlichen Knebelung durch die USA die bei den Staatsleugnern gängige Anlehnung an Russland und dessen behauptetem Wohlwollen dem falschverstandenen Souveränitätsstreben der Staatsverweigerer gegenüber.[17]

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